Pressemitteilung 27.01.2023
Pflege – Denkfabrik geht weiter …! Teil 5 zur aktuellen Lage!
Was muss sich ändern? …was müssen wir fordern?
An Politik, Gesellschaft und Arbeitgeber!
Hauptforderung der Initiative “Pflege-Denkfabrik”
zur Krankenversicherung (KV)/Pflegeversicherung (PV) Reform:
SGB V und XI zusammenführen – eine vollsteuerfinanzierte Sozialversicherung!
Ziel:
Bezahlbare und würdevolle medizinische und pflegerische Versorgung der Hilfebedürftigen!
I.D. Leih- und Zeitarbeit in der Pflege stark einschränken
Ist-Situation
Der sich immer weiter zuspitzende Personalmangel in der Langzeitpflege führt dazu, das Leih- und Zeitarbeit regelhaft über Dauer bereits flächendeckend eingesetzt wird. Das passiert mit dem Wissen und stillschweigenden Billigung aller Beteiligten, dass eine dauerhafte Finanzierung von Leiharbeit nicht möglich ist.
Die Kosten für den Einsatz von Leih- und Zeitarbeit sind in den aktuellen Vergütungsvereinbarungen nicht vorgesehen und führen zwangsläufig zu einem erheblichen finanziellen Problem in den Einrichtungen. Mit den auf Festangestellte kalkulierten Pflegesätzen müssen drei Komponenten der Leiharbeitsfirmen finanziert werden: Die Gehälter der Pflegekräfte, die höher liegen als die der Festangestellten, die Infrastrukturkosten, also Kosten für Dienstauto/Fahrdienst, Räumlichkeiten, Verwaltung und Management und die Gewinne der Leiharbeitsfirmen.
Eine Leiharbeitskraft, die im Stundenumfang einer Vollzeit Angestellten eingesetzt wird, verursacht Kosten von mittlerweile rund 12.000 Euro im Monat und das ohne Zuschläge für Spät-Nacht-Feiertags-Dienste, die kommen noch obendrauf. Nicht nur sind diese Summen für die Pflegeeinrichtungen nicht tragbar, sie sind ruinös. Selbst wenn also die Politik, oder die Kostenträger, eine vollständige Refinanzierung dieser Kosten organisieren würde, so würde die Solidargemeinschaft über kurz oder lang nicht mehr in dieser Größenordnung leistungsfähig sein.
Der Erfolg der Zeitarbeitsunternehmen rührt daher, dass sie unverminderten Zulauf von Pflegekräften haben. Diesen können sie bewerkstelligen, weil sie die richtigen Angebote machen. Sehen wir uns die Hauptgründe an, warum Pflegekräfte in die Zeitarbeit wechseln:
- Ein signifikant höheres Gehalt: Grundgehälter von einigen Hundert Euro mehr plus Zulagen sind Usus.
- Incentives neben dem Gehalt: Firmenautos, die privat genutzt werden können. Internetzuschuss für zu Hause, Übernahme der Kita-Kosten
- Dienstplanflexibilität: Pflegekräfte in der Zeitarbeit können sich die Dienste heraussuchen. Sie können ihre Urlaube immer wie geplant antreten. Frei bedeutet frei.
Bei diesen Vorteilen ist es mehr als verständlich, dass Pflegekräfte in die Zeitarbeit wechseln. Plakativ gesagt schlagen 500 Euro netto mehr, das Auto und der sichere Frei- und Urlaubsplan JEDE Unternehmenskultur.
Die Auswirkungen auf die Pflegebetriebe sind jedoch verheerend, nicht nur, wie oben beschrieben, finanziell, sondern auch organisatorisch. Denn die wenigen Festangestellten, die noch da sind, müssen das, was die Zeitarbeitskräfte übriglassen, nehmen. Undankbare Diewanste wie an Weihnachten und dergleichen müssen über Festangestellte abgedeckt werden.
Das Argument für die Zeitarbeit, kurzfristige Ausfälle abdecken zu können, ist auch nicht mehr relevant. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen kurzfristig eine Zeitarbeitskraft zur Verfügung steht- mehrere Wochen bis Monate Wartezeit sind keine Seltenheit.
Lösung
Nun stellt sich die Frage, wie dieses Problem zu lösen ist. Die offensichtlichste Möglichkeit ist es, die Zeitarbeit zu reglementieren oder gleich ganz zu verbieten für den Pflegebereich. Das ist aus unserer Sicht aber zu kurz gedacht. Denn das Ziel ist nicht, die Zeitarbeit abzuschaffen. Das Ziel ist die Pflegekräfte in einer Festanstellung in der Pflege zu halten. Es nutzt uns gar nichts, wenn wir die Zeitarbeit einschränken und die Pflegekräfte deshalb die Branche verlassen.
Der Weg, um dieses Ziel zu erreichen, muss aus unserer Sicht so aussehen, dass die Arbeitsplätze in den Heimen mindestens genauso attraktiv sein müssen wie die in der Zeitarbeit. Es müssen hier dieselben finanziellen Möglichkeiten da sein.
Das könnte gewährleistet werden, indem in den Pflegesatzverhandlungen KEINE Budgets für Personalkosten verhandelt werden. Die Personalkosten müssten erstattet werden, und zwar in voller Höhe. Diese Erstattung könnte unkompliziert erfolgen durch die Beantragung der Einrichtungen und Einführung eines Nachweisverfahrens.
Dass ein solches Vorgehen einwandfrei und unkompliziert funktionieren kann, haben wir bei den Kostenerstattungen unter dem Corona-Hilfsschirm gesehen.
Der Vorteil für die Pflegeeinrichtungen hierbei ist, dass sie wettbewerbsfähige, flexible und individuelle Gehaltspakete schnüren können.
Der Vorteil für die Solidargemeinschaft und in deren Vertretung die Kostenträger ist, dass sie auf jeden Fall die Versorgung der Pflegebedürftigen sicherstellen und sich nicht mit der Refinanzierung der Strukturkosten und der Gewinne für Leiharbeitsfirmen auseinandersetzen müssen.
Fazit
Wir dürfen der Personalknappheit nicht mit Verboten derjenigen begegnen, die Erfolg haben und Mitarbeiter finden. Wir müssen von denen lernen, die es besser machen und das für uns anwenden und zu unserem Vorteil nutzen.
Ihr Team der Pflege-Denkfabrik
David Thiele, Florian Müller, Natalie Valentin, Sabine Hindrichs, Vincenza Marino