10. Pressemitteilung 10.03.2023

Pflege – Denkfabrik geht weiter …! Teil 10 zur aktuellen Lage!
Was muss sich ändern? …was müssen wir fordern?

An Politik, Gesellschaft und Arbeitgeber!
Hauptforderung der Initiative “Pflege-Denkfabrik”
zur Krankenversicherung (KV)/Pflegeversicherung (PV) Reform:
SGB V und XI zusammenführen – eine vollsteuerfinanzierte Sozialversicherung!
Ziel:
Bezahlbare und würdevolle medizinische und pflegerische Versorgung der Hilfebedürftigen!

II.B. Entbürokratisierung der Dokumentation
Ist – Stand
Trotz Entbürokratisierung und Umstellung auf die SIS beschäftigen sich Pflegekräfte immer noch viel
zu intensiv mit der Pflegedokumentation. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen immer noch
den Bedarf, alle erledigten Maßnahmen zu belegen. Aber dokumentiert eine Sekretärin auch jeden
Tag, dass sie Schreibmaschine geschrieben hat?
Die Pflegedokumentation ist zu einem juristischen Belegmonster herangewachsen. Alles muss
“Rechtssicher” sein, alles muss dazu herhalten, einer staatsanwaltlichen Prüfung standzuhalten.
Narrative wie “Wer schreibt, der bleibt!” haben die Pflege in eine Falle gelockt. Auch hier haben
Juristen und die Klagewut in unserem Land dafür gesorgt, dass wir fehlendes Personal und völlig
unzureichende Personalschlüssel mit Dokumentation auszugleichen versuchen. Dass dies eine
Fehlentwicklung ist, sehen wir in nahezu allen Einrichtungen. Wir halten es für so normal, dass wir die
SIS noch nicht einmal so nutzen, wie sie den Freiraum dafür lässt.
Eine Asklepios-Studie, veröffentlicht Anfang 2022, hat gezeigt, dass Pflegekräfte im Mittel in 42 % ihrer
Zeit mit bürokratischen Maßnahmen verbringen. Die Dokumentation nimmt einen Großteil dieser Zeit
ein. Es ist schwer vorstellbar, dass bei über drei Stunden Abwesenheit vom Bewohner eine bessere
Pflegequalität gewährleistet sein soll, als wenn die direkte Versorgung und Betreuung in dieser Zeit
im Vordergrund stünde. Selbst wenn dieser Wert großzügig nach unten korrigiert wird, so sind das
immer noch viel zu viele Stunden Abwesenheit vom Pflegebedürftigen.
Sicher ist die Dokumentation wichtig, um eine nachhaltig hohe Versorgungsqualität zu gewährleisten
und um Informationsverluste zu vermeiden. Doch das schiere Ausmaß davon konterkariert das
eigentliche Ansinnen.
Aber nicht nur in der direkten Versorgung, der Pflege und Betreuung ist die Bürokratie überbordend.
Auch in Verwaltungsthemen spüren wir ganz deutlich, dass wir es mit der öffentlichen Hand,
Sozialhilfeträgern und Sozialversicherung, mit Amtsgerichten und anderen Spielern des
Gesundheitswesens zu tun haben.
Kostenübernahmeanträge dauern mitunter Monate. Zeit, in der kein Geld fließt und die
Leistungserbringer die Versorgung vorfinanzieren müssen. Mit Begutachtungen durch den
medizinischen Dienst, die notwendig für die Kostenübernahme der Pflegekassen sind, ist es dasselbe
Spiel. Allzu oft werden die gesetzlichen Fristen bis zum letzten Tag ausgereizt. Stand heute ist eine

verpflichtende Bearbeitungszeit von sechs Monaten vorgeben, ob diese eingehalten werden oder
nicht, steht dabei auf einem anderen Blatt.
Unsere Forderung hier: Bearbeitungszeiten für Sozialhilfeträger auf maximal 3 Monate begrenzen.
Rückfragen werden teilweise aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht beantwortet. Die komplette
Kommunikation findet “urzeitlich” per Post oder Fax statt. Alles Aspekte einer ausufernden
Bürokratie, die dafür sorgt, dass das, was eigentlich im Mittelpunkt stehen sollte, nämlich die
Versorgung der Pflegebedürftigen, zumindest zeitlich immer mehr an den Rand gedrängt wird. Das
liegt unter anderem auch an der mehr als mangelhaften Digitalisierung behördlicher Strukturen und
die fehlenden Schnittstellen für Antragsteller.
Lösungen
Dokumentationsaufwand nie mehr als 2,5-3 % vom Pflegealltag. Diese Zeit wird gemessen, erfasst und
stetig optimiert. Dafür muss der Gesetzgeber die Dokumentationspflichten weiter Kürzen und die
Einführung der digitalen Unterstützungen ermöglichen.
Auch die Einstellung sämtlicher Prüfungen durch MDK und Heimaufsicht wären denkbar. Hier wird die
überbordende Bürokratie exzessiv umgesetzt. 113 Seiten, MDK Prüfkatalog! 113 Seiten! Merkt keiner,
welcher Wahnsinn dahinter steht. Sowohl die personelle Bindung aufseiten der Prüfbehörden als auch
aufseiten der Pflegedienstleister ist enorm.
Unsere Forderung hier: MDK-Prüfung sofort einstellen und die Ressourcen an Pflegekräften
freigeben. Guten Pflege mit ausreichendem Personal braucht keine Prüfungen. Wir prüfen nur unser
eigenes Versagen in der Pflegepolitik. Heimaufsichtsprüfungen nur anlassbezogen und auf Verdacht
stark eingeschränkt und nicht auf die Dokumentation bezogen.
Ziel muss es sein, die Leistungserbringer so schnell und nachhaltig wie möglich ihren ureigenen
Aufgaben nachkommen zu lassen. Also der Versorgung der Pflegebedürftigen. Alles, was nicht im
Zusammenhang mit direkter unmittelbarer Versorgung steht, muss auf das notwendige Mindestmaß
an manuellem Aufwand reduziert werden und von den Leistungserbringern wegoptimiert werden.
Die Dokumentation könnte mit einer guten digitalen Unterstützung und einer guten künstlichen
Intelligenz auf nahe Null reduziert werden. Technisch ist das heute schon möglich. Die
Pflegebedürftigen würden sofort davon profitieren, weil sofort mehr Kapazitäten Freiwerden. Wenn
die 42 % mittlerer Bürokratieaufwand auf 2 % reduziert würde, würden die Kapazitäten in der
Versorgung nahezu VERDOPPELT! Das bedeutet, mit einem Mal wäre der Pflegenotstand nahezu
aufgelöst.
Die Kostenträger müssen von Tag 1 die Kosten erstatten. Und zwar nicht rückwirkend. Sondern im
Vorhinein. Hier könnten Pauschalen verwendet werden. 95 % der Pflegekosten gemessen am
durchschnittlichen Pflegegrad beispielsweise. Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt werden,
siehe unsere Forderung oben. Ebenso müssen Behörden und Sozialversicherungen mehr zu
Dienstleistern werden. Derzeit tun sie nur das notwendigste, aufwendige Arbeiten wie das Eintreiben
der Renten und dergleichen schieben sie auf die Leistungserbringer ab. Hier könnte man sich einfach
an den Begriffen orientieren:
– Leistungserbringer: Kümmern sich darum, dass die Leistung erbracht wird.
– Kostenträger: Kümmern sich darum, dass die Kosten gedeckt sind.
Und natürlich kommt auch hier der Gesetzgeber in die Pflicht, flexibel zu gestalten. Wichtig für die
Versorgung der Pflegebedürftigen ist ein reibungsloser und schneller Datenaustausch. Hierfür müssen

zwingend die digitalen Möglichkeiten genutzt werden. Sicher gibt es datenschutzrechtlichere
Herausforderungen. Doch diese können und müssen anders angegangen werden als in der
Vergangenheit. Es muss für die Leistungserbringer und für alle, die sich um die Versorgung der
Pflegebedürftigen kümmern, leichter gemacht werden. Das muss im Vordergrund stehen. Der Staat
ist dafür da, das Leben im Staat zu organisieren. Nicht es zu verkomplizieren.
Fazit:
Nicht alles ist schwer, nicht alles muss Jahre oder Jahrzehnte dauern. Beginnen können wir alle vor
unserer eigenen Tür. Wenn wir sehen, wie aufwendig, nicht gefordert, viele Betreiber die
Pflegedokumentation betreiben, nur weil sie entweder Prüfinstitutionen gefallen wollen oder sich
selber juristisch vor mehr oder weniger guter Pflege absichern möchten, dann sind viele der
Bürokratiehemmnisse auch hausgemacht. MDK und Heimaufsichten fordern keine aufwendigen
Dokumentationen, auch hier ist Minimalismus und manchmal Mut zur Lücke durchaus akzeptiert und
toleriert.
Unsere Forderung hier: Jeder Betreiber fängt bei sich und seinem Anspruch an Dokumentation an.
Weniger ist mehr. Viel weniger ist mehr. Nicht die gute Doku ist sexy, sondern der gut versorgte
Patient, Bewohner, Klient!

Das Pflege-Denkfabrik Team
David Thiele, Florian Müller, Marina Stelter, Natalie Valentin, Vincenza Marino, Sabine Hindrichs